Knapp ein Monat ist vergangen seit dem letzten Erfahrungsbericht und vieles, was die Rotationen vor vier Wochen berichtet haben, hat auch für unsere Rotation gegolten.
Als ich am 22. Juni gemeinsam mit zwei anderen Freiwilligen in Suceava landete, wartete das von den abreisenden Freiwilligen geparkte Auto bereits auf uns. Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir Siret und die Unterkunft, wo wir liebevoll von einer der Freiwilligen in Empfang genommen wurden. Im Laufe des Tages zeigte sie uns das Lager sowie die Unterkunft und erklärte uns alle Abläufe. Wir waren also innerhalb von wenigen Stunden bestens auf unsere Zeit in Siret vorbereitet und konnten uns gleich einfügen und mit anpacken.
In der Zwischenzeit hatte sich der Rest der Freiwilligen auf der Ukraine-Tour befunden und Lebensmittel an ein Waisenhaus mit Kriegswaisen, ein Krankenhaus und eine Sozialstation für Flüchtlinge geliefert. Auf dem Rückweg musste die Truppe knapp sieben Stunden an der Grenze warten. Es war für alle Teilnehmer sicherlich einer der stressigsten Momente ihrer Zeit in Siret. Die Lage an der Grenze war angespannt. Ein erhöhtes Flüchtlingsaufkommen auf Grund versprochener Zahlungen durch das Rote Kreuz brachte alle Abläufe an der Grenze ins Stocken. Die sonst sehr freundlichen Grenzbeamten versuchten die Lage mit deutlicher Militärpräsenz zu beruhigen, was nur bedingt geholfen hat. Gerade für uns „Neue“ wurde durch die Berichte sehr deutlich, dass wir uns an der Grenze zu einem Land im Krieg befanden. Zum Glück ist an dem Tag nichts passiert und die Freiwilligen sowie alle anderen Grenzreisenden sind zu ihren Zielen gekommen.
In den folgenden Tagen teilte sich die Gruppe auf. Ein Teil blieb in Siret und räumte das Lager auf. Am Samstagvormittag hatten wir jedes Paket einmal in der Hand gehabt und das Lager neu sortiert, sodass die Vans leichter zu bepacken waren. Wir hatten eine grobe Inventur der Lagerbestände gemacht, um neue Lebensmittel kaufen zu können und alle Kleider- und Sachspenden nach Kategorien sowie Größen (und im Fall der Kleider nach Sommer- oder Winterkleidung) sortiert. So hoffen wir, dass das Lager für die nächsten Rotationen gut in Schuss ist und alles problemlos weiterlaufen kann.
Der andere Teil der Truppe fuhr weiterhin jeden Tag in die Ukraine und lieferte Lebensmittel an Krankenhäuser, Waisenhäuser, Sozialstationen, Flüchtlingsheime und an Stadt- oder Dorfverwaltungen, die die Spenden zum Teil für sich selbst nutzen, zum Teil umpacken und bis an die Frontlinien weitertransportieren, um sie dort an Soldatenfamilien, Flüchtlinge und Krankenhäuser zu verteilen.
Begleitet wurden die Touren neuerdings nicht mehr von Daniel, dem wir an dieser Stelle für seinen Einsatz für das Projekt danken möchten. Unsere neue Begleiterin ist Anna, die uns mit ihren Sprachkenntnissen und ihrer liebevollen, ruhigen Art immer sicher und gut gelaunt über die Grenze und an unsere Ziele gebracht hat. Anna hilft uns, Kontakt zu den Menschen aufzunehmen und ohne sie hätten wir von der Gastfreundschaft und Dankbarkeit innerhalb der Ukraine, aber auch der uneingeschränkten Hilfsbereitschaft der Menschen untereinander viel weniger mitbekommen.
Am Donnerstag war Johannistag, der unter den Johannitern in Deutschland regelmäßig gefeiert wurde. Auch wir hatten die Gelegenheit, den Tag zu feiern, da unser Gastgeber Daniel uns in den Gottesdienst in Siret eingeladen hatte. Und so standen wir zwei Stunden lang und lauschten der Liturgie des Orthodoxen Gottesdienstes. Einige Melodien waren uns bekannt, so auch die Rhythmen einiger Gebete, und in den Lesungen erkannte man den ein oder anderen Namen, aber insgesamt fielen wir nicht nur durch unsere neonorangenen Jacken als die einzigen Gäste auf.
Am Wochenende wurde ausnahmsweise eine weitere Tour durchgeführt und eine private Spende mit Medikamenten an ein Krankenhaus geliefert. Der Rest der Truppe erkundete, wie so viele andere Rotationen vor uns auch schon, die Moldauklöster in den Karpaten. Ein Picknick mit Blick über das Kloster Sucevita war eines der Highlights des Ausfluges.
Montag und Dienstag hatte sich die Truppe deutlich reduziert, sodass wir mit den alltäglichen Aufgaben alle Hände voll zu tun hatten. Es wurden neue Lebensmittel gekauft und in der Ukraine wieder Krankenhäuser, Sozialstationen und Stadtverwaltungen in einem Radius von plus/minus 70 km um Czernowitz angesteuert. In dieser Gegend besticht die Ukraine durch wunderschöne Landschaft. Das satte Grün der Wiesen und Bäume abwechselnd mit den goldenen Getreidefeldern. Dazwischen immer wieder wunderschöne Städtchen und bunte Kirchen. Abends ließen wir die Tage mit gutem Essen, dem ein oder anderen Kartenspiel und mit einem Blick in den Sternenhimmel ausklingen. Und bei den Sternschnuppen, die man immer wieder beobachten konnte, war ich bestimmt nicht die Einzige, die sich Frieden gewünscht hat.
Am 29. Juni endete die 13. Rotation erfolgreich, auch durch die tolle Arbeit unseres Teamleads Kristina. Unser besonderer Dank geht an sie aber auch an alle anderen stillen Helfer, die täglich im Hintergrund arbeiten, damit die Mission erfolgreich weitergeführt wird.
Johanna Holdinger